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Angst verstehen: Strategien zur Bewältigung

Aktualisiert: 20. Okt.

Manchmal fühlst du dich, als würde etwas Unsichtbares an dir zerren. Das Herz schlägt plötzlich schneller, die Hände werden eiskalt, und der Mund ist trocken. Mit jedem Gedanken wird die Luft ein bisschen dünner.


Du willst etwas Wichtiges sagen, dich endlich zeigen oder einfach den nächsten Schritt gehen – eigentlich ganz normale Dinge. Doch plötzlich sitzt da dieses bedrückende Etwas, das alles viel langsamer, kleiner und riskanter erscheinen lässt. Es ist, als würdest du die Welt hinter einer Scheibe beobachten, während alle anderen ganz normal weitergehen. 😶


Vielleicht kennst du das Aufwachen mitten in der Nacht mit einem Gedankenkarussell, das dir die schlimmsten Möglichkeiten vorspielt. Oder den Kloß im Hals vor einem Gespräch, das eigentlich wichtig wäre. Das ist Angst.


In diesem Artikel erkläre ich dir, wozu Angst eigentlich gut ist, wodurch sie entsteht und warum sie manchmal so lästig überreagiert. Im Anschluss gebe ich dir konkrete, alltagstaugliche Strategien, um besser mit deiner Angst umzugehen. 💪


Was ist Angst - und warum ist sie nicht nur „schlecht“?


Angst ist ein ganz normales, biologisch verankertes Gefühl. In uralten Zeiten hat sie Menschen davor bewahrt, in Gefahr zu geraten. Sie schärft die Sinne, lässt den Körper schneller reagieren und mobilisiert Kraftreserven. Kurz gesagt: Angst schützt uns. Zumindest ist das ihre grundlegende Funktion. 😅


Heute ist die Welt etwas anders – weniger gefährlich, aber unser Gehirn arbeitet noch mit ähnlichen Signalen. Manchmal ist die Angst tatsächlich begründet. Zum Beispiel, wenn der Herd anfängt zu brennen 🔥. Dann ist die Reaktion angemessen und hilfreich.


Rationale Angst hat klare Auslöser und führt zu passenden Gegenmaßnahmen. Ein plötzlicher Gewittersturm, eine unsichere Brücke oder finanzielle Bedrohungen mit belegbaren Fakten sind Situationen, in denen Angst nützlich ist und uns zu Schutz oder Planung anregt.


Auf einem Warnschild steht geschrieben "Beware Rattlesnakes!"

Oft jedoch ist sie nicht mehr nur ein Hinweis auf eine äußere Gefahr. Sie ist eine Reaktion auf Gedanken, Bilder, Erinnerungen oder Zukunftsängste. Diese Form der Angst fühlt sich trotzdem absolut real an, ist aber nicht physisch begründet – man spricht hier von irrationaler Angst. Die Gefahr ist in diesen Fällen oft im Kopf. Es ist eine beunruhigende Vorhersage, die unser Körper einfach glaubt und entsprechend reagiert.


Irrationale Angst entsteht oft aus automatischen Gedanken, ungünstigen Verknüpfungen oder alten Erfahrungen. Vielleicht hast du einmal eine negative Erfahrung in einer Beziehung gemacht. Jetzt schreit dein Körper Alarm bei jedem kleinen Anzeichen von Nähe oder Kritik. 😬


Oder du stellst dir ständig ein Worst-Case-Szenario vor, das objektiv zwar äußerst unwahrscheinlich ist. Doch dein Körper reagiert so, als wäre es gleich eingetreten. Auch körperliche Symptome ohne klare Ursache – Herzrasen, Schwindel, Panikattacken – können Angst verstärken und eine Abwärtsspirale erzeugen.


Wichtig zu wissen ist: Angst will nicht wehtun. Sie will nur warnen. Wenn du das verstehst, ändert sich der Umgang mit ihr bereits. Statt sie wegzuschicken wie einen lästigen Besucher, kannst du lernen, sie zu lesen und zu verstehen. Dann kannst du auch bewusst anders handeln.


Warum Angst blockiert - und wie sie dich „festnageln“ kann


Wenn diese irrationale Angst häufiger hochkommt, fängt sie an, unser Verhalten zu steuern. Sie schränkt uns ein, lässt uns Chancen auslassen, verhindert ehrliche Gespräche und macht uns klein, wenn wir doch eigentlich groß sein möchten.


Statt als Warnsignal zu dienen, wird sie zur grundlegenden Orientierung: „Sicher ist das Nichtstun 😵‍💫 - lieber keine Entscheidung treffen und so auch nichts falsch machen... bloß nichts riskieren.“ Genau hier entstehen Verhaltensmuster, die langfristig mehr Leid erzeugen als vermeiden.


Das muss nicht so sein! Doch bevor wir dazu kommen, wie du am besten mit diesen irrationalen Ängsten umgehst, reden wir einen Moment darüber, was viele leider stattdessen tun – die drei klassischen Fehler im Umgang mit Angst.


Fehler 1 - Angst verdrängen oder kleinreden


Verdrängung wirkt auf den ersten Blick wie eine clevere Strategie: „Wenn ich nicht dran denke, tut es auch nicht weh.“ Die Erfahrung zeigt jedoch, was wir vergraben, bleibt nicht ewig verborgen!


Bild zeigt eine Ausgrabungsstätte

Stattdessen verlagert sich diese Energie dann einfach in den Körper. Schlafstörungen, innere Unruhe oder Muskelverspannungen können Zeichen dafür sein, dass dir die Angst vielleicht nicht bewusst ist, aber im Hintergrund durchaus am Werkeln ist. 🔨


Ein einfaches Beispiel: Du spürst vor einem Gespräch mit dem Chef Unbehagen. Du sagst dir: „Ach, das ist nur Nervosität, nicht der Rede wert.“ Du verdrängst das Gefühl, machst das Meeting und fühlst dich danach ausgelaugt oder hast das Gefühl, du hättest dich nicht durchgesetzt.


Auf Dauer verfestigt sich das Muster: Vermeiden statt Verarbeiten. Doch Verdrängung ist nicht dasselbe wie Stärke. Es ist eher ein stiller Kredit, den du deinem Nervensystem gibst – und der irgendwann mit Zinsen zurückkommt.


Anstatt die Angst also wegzuschieben, kannst du ihr kurz Raum geben. Das bedeutet nicht, sich dieser Angst hinzugeben, sondern sie einfach anzuerkennen! Atme bewusst ein, benenne das Gefühl mit einem Satz wie „Ich spüre gerade Angst vor...“, und nimm wahr, wo im Körper sie sitzt. Allein das Benennen reduziert schon Spannung. 🙂‍↕️


Danach kannst du überlegen: Was wäre der nächstkleine Schritt, den ich tun kann? Nicht sofort ein riesiger Sprung, sondern eine winzige Handlung, die nicht oder zumindest weniger überfordert. 😊


Fehler 2 - sich ständig ablenken


Ablenkung ist ein mächtiges Mittel. Fernsehen, Social Media, Einkaufen, Arbeit – all das macht kurzfristig den Kopf frei. Aber das Grundproblem bleibt: Wenn du dich ständig ablenkst, findest du nicht heraus, wie deine Angst wirklich funktioniert und welche Auslöser sie hat. Vor allem verpasst du die Chance, sie langfristig aufzulösen.


Angst wird durch Vermeidung tendenziell stärker, weil du deinem Gehirn nie zeigst, dass es gefährliche Vorhersagen falsch gemacht hat!


Stell dir vor, jemand hat Höhenangst und meidet konsequent jegliche Treppen. Das Gehirn lernt: „Treppen sind gefährlich.“ Es fehlen aber korrigierende Erfahrungen, die zeigen: Ich kann mehrere Stufen gehen und nichts Schlimmes passiert. Ohne Übung bleibt die Angst mindestens bestehen – manchmal wächst sie sogar noch. 🫣


Ablenkung ist also kurzfristig tröstlich, jedoch langfristig hinderlich.


Eine Frau liegt überfordert im Bett und versucht sich mit Social Media abzulenken

Also was stattdessen tun? Baue kleine, sichere Übungssituationen in dein Leben ein. Das müssen keine extremen Expositionstrainings sein. Wenn dir etwas Angst macht, überlege dir eine winzige "Mutprobe". Z.B. zwei Minuten länger im Gespräch bleiben, eine kurze Nachricht senden, die du normalerweise vermeidest, usw. – aber immer nur so weit, dass du dich nicht überforderst oder in echte Gefahr begibst! 😅


Wichtig ist die Regel: erproben statt vermeiden. Damit zeigst du deinem Nervensystem, dass die Vorhersage nicht immer stimmt.


Fehler 3 - warten, bis Mut „von allein“ kommt


Viele Menschen hoffen, dass eines Tages Mut wie ein Geschenk bei ihnen anklopft. „Irgendwann werde ich bereit sein“, sagen sie und verschieben wichtige Schritte auf den perfekten Moment...


Das Problem: Mut ist kein spontaner Besucher, sondern eine Gewohnheit, die man entwickelt. Er entsteht durch Handeln, nicht durch Warten. Jedes kleine Mal, in dem du trotzdem handelst, auch wenn die Angst da ist, stärkt deinen Mutmuskel 😄 ein wenig mehr.


Statt saisonal oder situationsabhängig zu erwarten, dass Mut plötzlich da ist, hilft es, Mut in kleinen Dosen zu üben.


Mut ist kein Fehlen von Angst, sondern die Entscheidung, trotz Angst zu handeln.


Schon wie bei Fehler 2 gilt also auch hier, sich immer mal wieder herauszufordern – in kleinen Schritten! Wichtig ist das Prinzip der Wiederholung: Wenn du regelmäßig kleine Risiken eingehst, wächst die Erfahrung „Ich kann es“ 💪. Diese Erfahrungen bilden dann automatisch das Fundament für größere Schritte.


Manchmal sind Ängste so stark, dass Selbsthilfe nicht ausreicht...


Wenn du bemerkst, dass du deinen Alltag kaum noch bewältigen kannst, schlaflose Nächte hast, dich von Freunden und Familie zurückziehst oder gar Suizidgedanken auftauchen, suche bitte professionelle Hilfe.


Auch bei starken Panikattacken oder wenn Medikamente oder Substanzkonsum eine Rolle spielen, ist Unterstützung wichtig. Hausärzte, Psychotherapeuten oder Beratungsstellen sind im Umgang mit solchen Situationen geschult und werden dich da raus begleiten.


Konkrete, alltagstaugliche Strategien, um aktiv deine Angst anzugehen


Hier sind ein paar Methoden, die sich leicht umsetzen lassen und wissenschaftlich fundiert sind. Beginnen wir mit Atemarbeit. Einfache, bewusste Atemübungen helfen, das autonome Nervensystem zu beruhigen. Wenn das Herz rast, atme langsam ein und doppelt so lange aus. Drei bis fünf solcher Atemzyklen reichen oft, um die Körperreaktion zu dämpfen. Atmen ist ein zugängliches Werkzeug, das du jederzeit nutzen kannst – im Bus, vor dem Gespräch oder beim Aufwachen nachts.


Eine Frau macht Atemübungen

Beschreibe deine Angst. Wenn du deine Angst laut oder schriftlich beschreibst, veränderst du die Beziehung zu ihr. Aus „Ich habe totale Angst vor dem Meeting“ wird „Ich spüre Anspannung und Sorge vor dem Meeting, weil ich bewertet werden könnte.“ Diese kleine sprachliche Verschiebung reduziert den Druck und öffnet dabei einen Raum für Lösungsfindung. 🤩


Wie oben schon erwähnt, sind kleine Mutproben auch hilfreich. Suche dir eine Situation, die nicht existenziell ist, aber etwas Angst auslöst, und probiere sie aus – bewusst, geplant und mit einem klaren Anfang und Ende. Wenn du beispielsweise Angst vor einer neuen Kursgruppe hast, geh zuerst als Zuhörender hin. Beim nächsten Mal sag einen Satz zu einer Person. So wächst Vertrauen schrittweise.


Nutze die Technik der „Wahrscheinlichkeitsprüfung“. Viele Ängste malen Worst-Case-Szenarien, doch ist es meist gar nicht so schlimm 😅. Frag dich ehrlich: Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Vorstellung auch wirklich eintrifft? Was genau würde passieren, wenn es tatsächlich einträfe? Wie realistisch ist meine Vorstellung überhaupt? Oft reicht es schon, irrationaler Angst mit ein wenig Rationalität zu begegnen.


Übe Selbstmitgefühl. Angst bringt oft harte innere Stimmen hervor: „Das darfst du nicht“ oder „Das ist peinlich“ usw. Diese Selbstkritik verstärkt Ängste. Sprich mit dir so, wie du mit einer guten Freundin sprechen würdest: beruhigend, unterstützend, menschlich. Selbstmitgefühl ist ein wirksames Mittel gegen lähmende Schamgefühle und Selbstzweifel.


Teile deine Ängste mit anderen. Du bist nicht allein. Manchmal hilft es, eine vertraute Person zu informieren: „Hey, ich habe vor diesem Gespräch etwas Lampenfieber. Hast du einen Tipp oder könntest du mir danach kurz Feedback geben?“ Das schafft Verbundenheit – als ob man zu zweit im Dunkeln unterwegs ist, statt allein. 👻


Auch das Führen eines „Mut-Tagebuchs“ ist kraftvoll: Schreib auf, was du gewagt hast, wie es sich anfühlte und was besser lief als erwartet. Nach ein paar Wochen hast du schon eine lange Liste mit Errungenschaften, die du zur Hand holen kannst, wenn du dich mal wieder unsicher fühlst.


Ein Mut-Tagebuch kann eine kraftvolle Unterstützung gegen Angst sein

Und eine kleine humorvolle Beobachtung zum Schluss: Angst ist ein verkleideter Wachhund. Wie bei einem echten Hund wirkt Training besser als Schimpfen. Gib ihm Regeln, zeig ihm Grenzen, und belohne dich selbst, wenn er sich benimmt. 🐶


Fazit: Angst verstehen, nicht bekämpfen!


Angst ist weder dein Feind noch eine Schande. Sie ist einfach ein Signalgeber mit der Absicht, dir zu helfen und dich zu beschützen. Wenn du lernst, sie anzunehmen und ihr zu zeigen, dass keine echte Gefahr besteht, veränderst du nach und nach deine Beziehung zu ihr. 🌟


Kleine, wiederholte positive Erfahrungen bauen dein Selbstvertrauen auf – und das ist der echte Weg zu mehr Ruhe, Gelassenheit und Entscheidungsfreude.


Und jetzt du: Welche Erfahrung hast du mit Angst? Gab es einen Moment, in dem du überrascht warst, wie du reagiert hast? Oder eine kleine Übung, die dir wirklich geholfen hat? Ich lade dich herzlich ein, deine Geschichte in den Kommentaren zu teilen oder mir eine E-Mail zu schreiben.


Deine Erfahrungen können Anderen Mut machen 🪴


Dein Christian 🫶


P.S.: Dieser Artikel ist Teil einer Serie zu den fünf Grundemotionen. Die Links zu den anderen Beiträgen findest du hier 👇


 
 
 

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