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Ekel: Warum uns manche Dinge schaudern lassen und was das mit uns macht

Aktualisiert: vor 29 Minuten

Eine Frau ekelt sich vor einem üblen Gestank und geht auf Abstand

Ekel, ein kurzes Aufblitzen im Körper, ein mürrischer Gesichtsausdruck, vielleicht ein „Igitt!“ im Kopf. Und sofort weiß man ganz intuitiv: Abstand. Oft verschwindet das Gefühl genauso schnell, wie es gekommen ist. Manchmal aber bleibt etwas hängen: ein ungutes Gefühl, wiederkehrende Gedanken oder die Frage, warum gerade das einen so berührt...😵‍💫


In diesem Artikel schauen wir uns an, was Ekel eigentlich ist, woher er kommt, welche Formen er hat und wie er Körper und Psyche beeinflusst. Dabei beleuchten wir auch, wie Kultur unsere Ekel-Grenzen formt - mit praktischen Tipps, wie man dem Ekel begegnen kann, ohne sich selbst zu übergeben. 😅



Was ist Ekel eigentlich? Ein kurzer Blick in die Geschichte...


Ekel ist nicht nur eine Laune. Evolutionär betrachtet ist Ekel ein cleverer Bodyguard: Er hilft uns, Abstand von Dingen zu halten, die uns krank machen könnten. Schon unsere Vorfahren hatten diesen Reflex - die Abneigung gegen verfaulte Nahrung, Ausscheidungen oder verunstaltete Tiere hat Leben gerettet. 🙂‍↕️


In der Forschung wird Ekel oft als Teil des sogenannten „Verhaltens-Immun­systems“ beschrieben: nicht das biologische Immunsystem, das im Körper Bakterien bekämpft, sondern ein Verhalten, das Infektionen verhindern soll, indem es Kontakt vermeidet.


Doch Ekel ist nicht nur praktisch. Er hat eine starke emotionale Ladung. Er zieht eine ganz klare Linie zwischen „angenehm“ und „abstoßend“, erzeugt körperliche Reaktionen und beeinflusst unser Denken. Manchmal hilft er uns, manchmal schränkt er uns ein - vor allem dann, wenn Ekel auf Bereiche oder Situationen des Lebens trifft, in denen Nähe und Verbundenheit eigentlich wichtig wären. 😶



Verschiedene Gesichter des Ekels - von einfachem Würgereiz bis zu moralischer Abscheu


Ekel ist nicht gleich Ekel. Die Wissenschaft unterscheidet verschiedene Typen, und jede Form bringt ihre eigene Qualität 🤣 mit:


Lebensmittel-Ekel richtet sich gegen Dinge, die potenziell gesundheitsschädlich sind: verdorbene Speisen, schleimige Konsistenzen oder ungewohnte Aromen. Das ist der „ich will das nicht essen“-Reflex, der uns schützt. 🥴


Einer Frau wird übel

Der so genannte „animal-reminder“-Ekel erinnert uns an unsere eigene Verletzlichkeit: Verletzungen, starke Körperflüssigkeiten oder der sichtbare Verfall... diese Form des Ekels steht oft in Zusammenhang mit Vergänglichkeit und Verwundbarkeit. Ein Beispiel: Du siehst einen kleinen Schnitt am Handgelenk, der blutet, und dein Magen zieht sich zusammen. Das ist animal-reminder: ein Bild, das uns an unsere eigene Verletzlichkeit erinnert. Manche Menschen können das fast gar nicht anschauen.


Moralischer Ekel dagegen richtet sich weniger gegen etwas Physisches, sondern gegen Handlungen oder Haltungen, die als moralisch verwerflich empfunden werden. Wenn Menschen von einer Tat „angewidert“ sind, dann ist das moralischer Ekel - und er kann Beziehungen oder Gesellschaften stark prägen.


Kosmetischer Ekel schließlich betrifft das Aussehen, die Hygiene oder die „Ästhetik“ von Menschen und Dingen. Er ist eng verknüpft mit kulturellen Normen darüber, was als gepflegt oder ungepflegt gilt.


Diese Typen überlappen oft. Ein bestimmter Anblick kann zugleich Lebensmittel-, animal-reminder- und kosmetischen Ekel auslösen - und vielleicht noch moralische Empörung oben drauf. 😬



Körperlich: Was passiert in unserem Körper, wenn Ekel zuschlägt?


Wenn wir Ekel empfinden, ist das nicht einfach nur ein Gedanke - auch dein Körper reagiert. Ein bekannter Reflex ist der Magen: Übelkeit, Schlucken, manchmal sogar das Bedürfnis, sich zu übergeben.


Auch die Muskulatur des Gesichts verändert sich: Nase rümpfen, Oberlippe anheben, Augen zusammenziehen - dieser typische „Ekel-Gesichtsausdruck“ ist beinahe universell und in nahezu allen Kulturen wiederzufinden.


Eine Frau verzieht angeekelt das Gesicht

Unser Herzschlag kann steigen, der Atem flacht ab oder wird schneller und viele Menschen verspüren ein starkes Verlangen, Abstand zu schaffen - körperliche Flucht, weg vom Auslöser. 🫣



Psychologisch: Warum Ekel uns mental nicht loslässt


Ekel verschiebt deine Aufmerksamkeit: Der Geist fixiert sich auf das, was abstoßend ist, oft begleitet von wiederkehrenden Bildern oder Gedankenkreisen.


Manchmal entstehen aus bestimmten Erfahrungen regelrechte Rituale wie z.B. übertriebene Reinigungsgewohnheiten - das Gefühl, „etwas abwaschen zu müssen“, obwohl keine wirkliche „Gefahr“ besteht. Das ist besonders relevant, wenn Ekel in die Bereiche Hygiene oder Körperlichkeit rückt und sich mit Ängsten verbindet.


Ekel ist nicht immer nur ein kurzer Impuls. Bei manchen Menschen hinterlässt er nachhaltige Spuren: Gedanken, die sich im Kreis drehen, Erinnerungen, die an unangenehme Situationen gebunden sind, oder ein generelles Misstrauen gegenüber bestimmten Situationen.


Das Gehirn ist in solchen Momenten damit beschäftigt, Gefahr zu beurteilen, und der Ekel-Impuls dient als Warnsignal. Leider kann dieses Warnsignal auch in unbegründeten Situationen los gehen: Wenn du zum Beispiel ein faules Ei aufschlägst, hast du danach wahrscheinlich erstmal genug von Eiern, wenigstens für ein paar Wochen. ☺️


Wenn Ekel mit Scham oder Angst gekoppelt ist, wird die Sache komplizierter: Wer sich vor bestimmten körperlichen Prozessen ekelt, kann sich dadurch beschämt fühlen - und Scham verhindert oft, dass man offen über das Problem spricht oder nach Hilfe sucht. Das kann isolierend wirken, gerade wenn die Reaktionen auf Ekel in Beziehungen oder im Beruf stattfinden.



Kultur formt Ekel: Warum uns Dinge in einem Land ekeln — und im anderen nicht


Was uns ekelt, ist auch stark kulturell geprägt. Ein Gericht, das in einer Kultur als Delikatesse gilt, kann in einer anderen als abscheulich empfunden werden - und umgekehrt. Denken wir an fermentierten Fisch, frittierte Insekten oder bestimmte Innereien: Für einige sind das Köstlichkeiten, für andere unvorstellbar.


Auch Kleidung, Körperbehaarung, Essgewohnheiten, der Umgang mit Tod und Körperflüssigkeiten - all das wird von Kultur, Erziehung und sozialer Umgebung geformt. Zum Beispiel ist es in manchen Kulturen normal, bestimmte Körperteile offensiv zu zeigen oder bestimmte Gerüche zu tolerieren; in anderen ist dies tabu und löst Ekel oder Scham aus.


Sogar die Reaktion auf Essensreste oder Unordnung kann kulturell unterschiedlich bewertet werden: Während in einem Haushalt eine kleines bisschen Chaos toleriert wird, könnte es anderswo als unhygienisch und damit eklig gelten.


All dies bedeutet, Ekel ist lernbar. Kinder übernehmen eben die Reaktionen ihrer Umgebung. Das heißt aber auch: Ekel kann sich verändern. Reisen, neue Freundschaften oder veränderte Lebensumstände erweitern oft unsere Ekelgrenzen.


Wer offen ist, probiert neue Speisen, lernt unterschiedliche Umgangsformen kennen und entdeckt, dass man vieles aushalten - und manches sogar schätzen - kann. Das erweitert nicht nur den kulinarischen Horizont, sondern auch die eigene Toleranz. 😉


Gleichzeitig haben kulturelle Normen auch ihre Berechtigung: Sie geben Orientierung und helfen bei der Verständigung. Wichtig ist, die Balance zu finden zwischen dem Schützen eigener Grenzen und dem Öffnen für Neues.



Wie man mit Ekel umgehen kann - praktische Strategien


Wenn Ekel dich kurz trifft, dann sind deine natürlichen Abwehrreaktionen meist schon absolut ausreichend, um dieses Gefühl schnell wieder loszuwerden. 😉


Für Ekel, der wiederkehrend oder übertrieben stark ist, kann es helfen, dem Gefühl mit Neugier, statt Abwehr zu begegnen: Was genau löst das Gefühl aus? Ist es der Geruch, die Vorstellung, die Assoziation? Macht mich die Vermeidung des Auslösers glücklicher? Schützt mich das Ekelgefühl wirklich - oder schränkt es mich ein?


Jemand nimmt sich einen ruhigen Moment zur Reflexion

Manchmal verbirgt sich hinter Ekel eine Angst oder eine frühere Erfahrung. Wenn du das untersuchst, wird das Gefühl weniger mysteriös und du gewinnst Kontrolle.


Ein weiterer Weg ist die schrittweise Konfrontation: In kleinen, behutsamen und sicheren Schritten der Situation begegnen, die Ekel auslöst, und dabei beobachten, wie stark die Reaktion wirklich ist und wie schnell sie wieder abnimmt. Das ist ähnlich wie beim Abtrainieren einer Phobie - nur ohne Druck, in deinem eigenen Tempo. 😊



Fazit: Ekel kann uns schützen - und uns bremsen


Auch wenn es nicht wirklich angenehm ist, Ekel ist ein wichtiges Gefühl mit vielen Facetten. Er schützt, er warnt, er stellt Normen her - und manchmal zieht er Linien, die wir gern weicher machen würden.


Wichtiger als das Ziel, Ekel „loszuwerden“, ist dann dabei deine Haltung: Mit Neugier, Mitgefühl und einer Prise Verständnis hinzuschauen. So wächst Selbstvertrauen, und vielleicht auch die Fähigkeit, in Situationen zu bleiben, die uns früher sofort verjagt hätten. 😂


Und jetzt du: Welche Erfahrung hast du mit Ekel? Gab es Situationen, in denen Ekel dich vor etwas Schlimmem bewahrt hat? Oder Momente, in denen Ekel dich davon abgehalten hat, Nähe oder Freude zuzulassen? Teile deine Gedanken gerne in den Kommentaren oder schreibe eine E-Mail - ich freue mich auf deine Geschichte.


Dein Christian 🫶


P.S.: Dieser Artikel ist Teil einer Serie zu den fünf Grundemotionen. Die Links zu den anderen Beiträgen findest du hier


 
 
 

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